Die Zitadelle im 19. und 20. Jahrhundert
Nach der weitgehenden Zerstörung des Jakobsbergklosters 1793 bei der Belagerung und Beschießung der französisch besetzten Stadt Mainz endet die über 700jährige Klostergeschichte auf dem Jakobsberg. Aus Angst vor einer weiteren Zerstörung des Klosters wird auf einen Wiederaufbau der Gebäude verzichtet. Man betrieb den Umzug des Konvents in das leer stehende Altmünsterkloster. Der Konvent wird endgültig 1802 im Rahmen der Säkularisierung aufgehoben. Ab diesem Zeitpunkt ist die Zitadelle rein militärischer Standort. Mit dem Ende der Befreiungskriege kommt Mainz 1816 an das Großherzogtum Hessen-Darmstadt. Mainz wird Festung des Deutschen Bundes. Die Soldaten sind auf der Zitadelle u. a. im Kommandantenbau und im ehemaligen Abts- und Fremdenbau des Klosters untergebracht. Bereits 1833 müssen mehr Truppenunterkünfte im Bereich der barocken Festungsanlage geschaffen werden. Zunächst wird der Kommandantenbau unter Verlust seines originalen Mansarddaches um ein Stockwerk aufgestockt. 1861-1863 erfolgt schließlich durch die Österreicher der Bau der bombensicheren "Citadellkaserne" für eine Belegung mit ca. 500 Mann.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gefährden die Stadterweiterungspläne die Festungsanlage der Zitadelle. Um einen städtebaulichen Anschluss zwischen Altstadt und den Neubaugebieten außerhalb der ehemaligen Wallgrünflächen zu erhalten, wird ein Teilabbruch der barocken Festung geplant. Die Anerkennung der Zitadelle als Kulturdenkmal durch den hessischen Staat im Jahr 1907 verhindert, dass die Abbruchspläne realisiert werden. Für den Neubau einer Kaserne werden 1912 die letzten Reste des Jakobsbergklosters, der ehemalige Abts- und Fremdenbau, abgerissen. Durch Intervention der Denkmalpflege können einzelne Bauteile der historischen Klostergebäude (Fenstergewände und Portale) zwecks späteren Neueinbaus gesichert werden. Ein Portal wird an die Südseite des Kommandantenbaus versetzt, die übrigen Sandsteinelemente werden 1914 in den Neubau der Doppelkompaniekaserne integriert.
Während des Ersten Weltkriegs wird der barocke Festungsbau erstmalig als Kriegsgefangenenlager für französische, englische und russische Offiziere (bis ca. 750 Soldaten) genutzt. In einem eigenen Laden können die Kriegsgefangenen einige Sachen erwerben, dafür werden eigens "Wertmarken" geprägt.
Der Versailler Vertrag besiegelt 1918 mit der daraus folgenden Niederlegung der Mainzer Festungsbauten die Bedeutung der Zitadelle als Teil des Festungsgürtels. Während der französischen Besatzung 1919-1930 dient die barocke Festung als militärischer Stützpunkt der Franzosen ("Caserne Foch"). Die erste zivile Nutzung der Zitadelle und ihrer Gebäude erfolgt ab Mai 1931, als die Zitadelle Lehrgangszentrum und Ausstellungsort des "Instituts für Völkerpädagogik" wird, dass kurz darauf allerdings von den Nationalsozialisten wieder aufgelöst wird.
Im Zweiten Weltkrieg richtet man auf der Zitadelle wieder ein Kriegsgefangenenlager ein. In dem "Offizierslager" (Oflag) sind vor allem französische, aber auch britische Kriegsgefangene interniert. Zeitgleich werden die unterirdischen Festungsgänge in der Bastion Drusus zu Luftschutzräumen (LSR) für die Mainzer Bevölkerung ausgebaut. 1945 beschlagnahmt die französische Besatzungsmacht die Zitadelle (bis 1955). Mehrere Baumaßnahmen erfolgen in dieser Zeit auf der Anlage. Nach schwerer Beschädigung des Kommandantenbaus im Krieg werden das barocke Mansarddach und die bauzeitliche Balustrade rekonstruiert. Die reiche Zinnendekoration der Citadellkaserne wird abgebrochen und weicht einer einfacheren Dachkontur. Außerdem wird auf der Bastion Tacitus ohne Genehmigung und unter Protest der Denkmalpflege ein Schulgebäude errichtet. Die Doppelkompaniekaserne (Bau E) wird nach ihrem Wiederaufbau als Wirtschaftsgymnasium genutzt. Seit dessen Auszug dienen die Gebäude der Zitadelle fast ausschließlich als Sitz städtischer Ämter.
Weiterfuehrende Hinweise
Bauten auf der Zitadelle aus dem 19. und 20. Jahrhundert:
Citadellkaserne und
Doppelkompaniekaserne