Landsturm-Infanterie-Bataillon Mainz (11. Bataillon Landsturm-Regiment 115)
von Wolfgang Balzer
Innerhalb von fünf Tagen war 1914 das gesamte deutsche Feldheer mobil gemacht. In weiteren zehn Tagen war im Westen wie im Osten der Aufmarsch beendet. Der Erste Weltkrieg hatte begonnen. Im Verlaufe des Kriegs wurde die Landwehr mobilisiert, der Landsturm war nur ganz vereinzelt aufgeboten worden. In Rheinhessen, dem Standortbezirk der 50. Infanterie-Brigade, folgten den aktiven hessischen Infanterie-Regimentern 117 (Mainz) und 118 (Worms) das in Worms aufgestellte Reserve-Regiment 118, während sich die Mobilmachung des Landwehr Regiments 118 in Mainz und Worms vollzog.
Am Abend des 14. August 1914 fuhr dieses Regiment nach Westen ab, Aus den übrig gebliebenen Kriegsverwendungsfähigen, altgedienten Leuten der Landwehr, die in den ausmarschierten Landwehr-Regimentern keinen Platz mehr gefunden hatten, wurden die ersten Landsturm-Bataillone aufgestellt. Die Rüst- und Bekleidungskammern waren leer, und die letzten Bestände aus den Depots waren ausgegeben. Von Uniform war also keine Rede. Die Hauptsache waren das Gewehr, die weiße Armbinde mit Dienststempel und, vor allem, »der rechte Diensteifer«. Der Ersteinsatz erfolgte zum Bahn- und Brückenbewachungsdienst. Am 15. Mobilmachungstag (16. August 1914) meldeten sich die Offiziere des Bataillons entsprechend ihrem Mobilmachungsbefehl auf dem Bezirkskommando Mainz. Der nächste Tag, der 17. August, ist als der eigentliche Gründungstag des Bataillons zu bezeichnen. Der offizielle Name war: Landsturm-Infanterie-Bataillon Mainz XVIII/17 (nach der Nummer des Armeecorps). Ersatz kam aus den Kreisen Mainz und Bingen. Von allen anfangs des Ersten Weltkriegs in Mainz aufgestellten Kriegsformationen hatte nur dieses Bataillon den Namen unserer Vaterstadt. Im Sprachgebrauch nannte man an allen Einsatzorten die Soldaten nur »die Mainzer«.
Da das Bataillon »überplanmäßig« war, mußte es von verschiedenen Stellen aus beliefert werden. »Landsturm« und »feldmarschmäßig« war eine ganz neue militärische Begriffsverbindung und sozusagen gar nicht vorgesehen. Waffen und Munition wurden vom Artilleriedepot Mainz empfangen. Die gleichmäßige Uniformierung und Ausrüstung mit den für den Felddienst notwendigen Stücken konnte aber erst nach und nach erfolgen, und es dauerte eine geraume Zeit, bis die vier Kompanien gleichartig und gleichwertig ausgerüstet waren. Die erste Unterkunft war die Feldberg-Schule im Gartenfeld.
Am 22. August waren die vier Kompanien mit je 250 Mann nach Straßburg abmarschiert. Dort bezog man die Margareten-Kaserne, hatte dort leichten Wachdienst und Exerzier-Ausbildung. Noch waren an den Uniformröcken die Abzeichen von vier verschiedenen Regimentern. Erst im Februar 1915 wurden die vollständigen feldgrauen Uniformen ausgeliefert. Es folgte die Verlegung nach Lothringen. In Delm wurde das Landsturm-Infanterieregiment 115 gebildet. Es entstand aus drei selbständigen Bataillonen und hat mit dem Hessischen Leibregiment 115 in Darmstadt nichts zu tun. Das neue Regiment gehörte zur 61. Reserve-Infanterie Brigade und zur 13. Landwehr-Division der Armee-Abteilung Falkenhausen. Der Gründertag war der 23. Februar 1915. Es hatte zunächst nur zwei Bataillone: das Mainzer und das Bataillon Augsburg, das am 18. Mai durch das Landsturm-Bataillon Kassel ersetzt wurde. Im Juni kam das Landsturm-Bataillon Kaiserslautern hinzu. Die Zusammensetzung also: Pfälzer, Rheinhessen und Hessen Kasseler.
Das Regiment verließ am 22. November 1915 die Westfront nach Osten, wo es in Serbien Eisenbahnschutz übernehmen mußte. Acht Monate dauerte dieser Einsatz, bis zum Sommer 1916. Am 24. September 1916 erhielt das Regiment, als Ersatz für das bisherige Gewehr 88/05, das neue Gewehr 98 mit Seitengewehr 98/05. Verschiedene Unterstellungsverhältnisse folgten. Am 29. November 1917 wurde in Bukarest der Waffenstillstand mit Rußland bekannt gegeben, am 7. Mai 1918 mit Rumänien.
Im November 1918 war das Mainzer Bataillon aus dem Regimentsverband ausgeschieden. Mit der Bahn ging es durch Rumänien nach Kronstadt. Der Abtransport von dort wurde auf den 26. November 1918 festgesetzt, erfolgte aber erst am 27. Kurz vorher wurden die Pferde des Bataillons verkauft, das nötige Fleisch für die lange Reise angeschafft und für jede Kompanie mehrere kleine Öfen zum Heizen der Waggons erworben. Alle Hindernisse während der Reise wurden durch »Schmieren« beseitigt. Vor der Einfahrt in die Bahnhöfe hielten die Vorsteher erst einmal die Hände auf. An bergigen Auffahrten mußten manchmal alle Mann schieben. Kurz vor Budapest wurde eine Teilentwaffnung veranlaßt, aber ohne Kontrolle (20 Gewehre, leichte MG und Minenwerfer). Passau, als erster Heimatort, wurde am 7. Dezember 1918 erreicht. In Haiger folgte am 12. Dezember die Demobilisierung.
Empfohlene Zitierweise
Balzer, Wolfgang: Landsturm-Infanterie-Bataillon Mainz (11. Bataillon Landsturm-Regiment 115). In: festung-mainz.de [24.11.2007], URL: <http://www.festung-mainz.net/bibliothek/aufsaetze/regimentsgeschichte/115er.html>
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